Westerwälder
Gruß
Der Westerwälder Gruß "Hui! Wäller?"
- "Allemol!"
ist im Jahre 1913 entstanden. In einem
Wettbewerb des Westerwald-Vereins Bonn sollte ein Erkennungsruf
für die Westerwald-Wanderer geschaffen werden. Dem
Gewinner winkten als Preis 12 Flaschen "edlen Mosel".
Der Westerwälder Bauer und Heimatdichter Adolf
Weiß aus Mademühlen im Lahn-Dillkreis wurde Gewinner mit dem Ruf Hui! Wäller?- Allemol! unter
mehr als 60 Einsendern. Seinem Vorschlag hatte er einen Begleitvers
beigefügt:
Das Schicksal bestimmte mich
nicht zum Prasser, Ich musste bis jetzt mich begnügen mit
Wasser. Doch würde ich gern einmal trinken den Wein,
Und sollt's auch nur edler Mosel sein. Drum, als ich das Preisausschreiben
las, Dacht' ich gleich: Was gilt's, du riskierst den Spass
! Drum möchte ich zum Schluss ganz bescheiden hoffen,
Dass ich mit dem Ruf ins Schwarze getroffen. Doch sollte mein
Werben vergebens sein, Wie wär's denn mit e i n e
r Flasche Wein?
Hui,
Wäller? Allemol! so tönet der
Ruf, Den ich für die Heimat im Stillen einst schuf, Und
wenn Ihr nach seiner Entstehung einst fragt, So
sei Euch mit kürzesten Worten gesagt: Das
"Hui" hat so oft schon der Sturm
mich gelehrt, Wenn wild über unsere Heiden er fährt.
Wenn über die Berge er brauset und
rauscht, Hab oft schon als Kind ich dem
"Hui" gelauscht. Wir Kinder
des Waldes, wie jedem bekannt, Wir wurden
und werden stets "Wäller"
genannt. Und wenn Ihr nun wandert durch
Flur und den Wald, Die Frage "Hui
Wäller"? entgegen Euch schallt, Gibt
Antwort die Frage mein "Allemol"!
- Ruf, Den mit dem "Hui Wäller"
zusammen ich schuf.
So ziehet hinaus
nun durch Wald und durch Feld, Den Busen
voll Wanderlust freudig geschwellt; Lasst
schallen: "Hui Wäller"? dass
dröhnend es klingt, Und "Allemol"
brausend herüber dann dringt.
Und
wenn dann Freund Hein einst heran an uns
tritt, Will nehmen zur letzten Wanderung
uns mit, Und fraget: "Hui Wäller?"
in letztester Stund, Noch einmal "Allemol!"
ruft der bleichende Mund.
Der Ruf wurde mit der Zeit
so beliebt, daß er zum Erkennungsruf und Gruß der Westerwälder
- sogar in Übersee - geworden ist.
Wenn Einheimische
und Zugereiste nach dem Sinn des Westerwälder
Rufs fragen, wird gern die Interpretation des
Dichters vereinfacht so erklärt:
Hui!
Wäller? - Allemol! so tönet
der Ruf, den in meiner Sehnsucht nach Wein
ich schuf. Das "Hui!", das hat
mich der Sturmwind gelehrt, wenn wild über
unsere Heiden er fährt. Und "Wäller"
wir ja "allemol" sind; wir trotzen
dem Regen, dem Schnee und dem Wind!
Adolf Weiß (1860
- 1938) war ein bemerkenswerter Mann. Mit Leib und Seele war er
ein echter Westerwälder Bauer. Er trug den damals noch üblichen
blau-leinenen Westerwälder Bauernkittel mit Halstuch
und Kappe. Sein Gesicht umrahmte im Alter ein weißer Vollbart.
Adolf Weiß engagierte sich
im Dorfleben, in vielen Vereinen und interessierte sich für
Politik. Für das Wiesbadener Tagblatt schrieb er regelmässig
Beiträge. Auf Bauerntagen und anderen Veranstaltungen hielt
er Vorträge über Probleme seiner Heimat und seines Standes.
Trotz der vielen Arbeit - 20 Stück Vieh und 15 Hektar Land
- hat er in später stiller Stunde manches schönes Gedicht
gereimt und viele Aufsätze über heimatliche Bräuche
und landschaftliche Besonderheiten geschrieben, die zumeist im Wiesbadener
Landboten erschienen. Gerechtigkeit,
Loyalität, Liebe zum Berufsstand und zur Heimat galten bei
ihm und seinen Freunden als erstrebenswerte Eigenschaften. Er las
sehr viel, besonders Schiller und Heine. Die meisten Gedichte galten
seiner Heimat. Er war ein sehr naturverbundener Mensch; schon über
einen Strauch auf dem Feld, in dem ein Vogel ein Nest gebaut hatte,
konnte er ein langes Gedicht schreiben. Die Psyche des dichtenden
Bauern war empfänglich für die feinsten Regungen der Seele.
1902 erschien bei der
J. M. Beck'schen Druckerei in Herborn sein Bändchen "Bauernlyrik"
mit hochdeutschen Gedichten, meist besinnlicher Art, heimatliche
Töne anschlagend oder philosophischen Themen zugewandt.
Später hat er sich der damals sehr beliebten Mundartdichtung
zugewandt. 1912 erschienen im Selbstverlag zwei Hefte "Vir
kurz un lang!" mit Scherzgedichten in Nassauischer Mundart.
Schon zu Lebzeiten erreichte
der Heimatdichter einen Bekanntheitsgrad, der weit über die
Kreisgrenze hinausging. Sein Portrait und seine Gedichte zierten
unzählige Postkarten. Auch Mademühlens Hauptstrasse, in
der er wohnte, trägt noch heute seinen Namen. Seit 1909 war
er Mitglied im Westerwald-Verein. Unvergessen wurde er 1913 durch
den Westerwälder Heimatgruss. Der Gruss, den er schuf , verbindet
von Mund zu Mund nicht nur die Menschen, sondern knüpft auch
das Band der Liebe zur Heimat fester. Der Ruf aller echten Wäller
sollte Erkennungsruf und Bekenntnis zu einer liebenswerten Landschaft
sein. Aus Dankbarkeit hat der Westerwald-Verein seinem
Ehrenmitglied am Himmelfahrtstag 1939 am Fusse des fichtenumstandenen
Knoten bei Rennerod ein kleines Steindenkmal errichtet. Die
Kopf - Reliefplatte trägt die Inschrift
"Dem Heimatdichter
und Schöpfer des Westerwaldgrußes Hui! Wäller? -
Allemol! Adolf Weiss 1860 - 1938 Der Westerwald-Verein
1939"
Das Denkmal mit den zwei Steinbänken liegt
heute am Jubiläumswanderweg, der 1988 zum 100 - jährigen
Bestehen des Westerwald-Vereins eröffnet wurde.
Abschliessend zwei Gedichte des
Heimatdichters:
Der freie Wille E Liehrer mol behannelt hot, däss
jedern'n freie Wille hot. "Den freien Willen," stolz
he säät, "der Mensch vir allem annern hätt."
Der Lihrer woll nou mol probiern, ob se de Sache aach kapiern,
un fräht dr drim die klaane Kätt, ob sie en freie
Wille hätt. "Na," kreischt die ower schwinn un
laut: "Vom freie Wille spiern aich naut!" Der
Lihrer sich verwunnert hot, do ower maent die klaane Krott:
"Wenn aich mein freie Wille hätt, do läch aich
noch dehaam em Bett!"
Gruß vom Westerwald
Meine Heimat Westerwald, Warst mein größtes Kleinod
immer, Wenn ich heut' auch schwach und alt, Noch strahlt
mir sein gold'ner Schimmer, Der soll auch erblassen nicht,
Bis mein müdes Auge bricht.
Das erste Gedicht ist in Wäller (Mademühlener)
Platt geschrieben, also in Westerwälder Mundart, die sich von
Dorf zu Dorf gerinfügig unterscheidet. Wäller Platt
beruht überwiegend auf der moselfränkischen Mundart, die
zum Westmitteldeutschen Sprachraum gehört. Im Nordwesten
des Westerwaldes hin zur Sieg wechselt das moselfränkische
"Dorf" zum ripuarischen "Dorp". Im Osten, etwa
auf der Linie Limburg - Dillenburg, geht das Moselfränkische
in den Zentralhessischen Sprachraum über, das typische Wäller
"dat" wird zum "das" und "des".
Hui! Wäller?
-- Allemol!
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